
von Dr. Mathas Steinach, Zentrum für Weltraummedizin Berlin, Deutschland
Menschen sind gleichwarme Säugetiere, was bedeutet, dass stets eine stabile Temperatur (die Körperkerntemperatur) aufrechterhalten wird, unabhängig von Änderungen der Umgebungstemperatur. Dieser evolutionäre Schritt war ein Vorteil gegenüber Tieren, die auf äußere Wärmequellen angewiesen sind, wie z.B. Reptilien. Andererseits erfordert eine konstante Kerntemperatur adäquate Wärmeproduktion und kann so einen hohen Energiebedarf nach sich ziehen.
Sich sehr tiefen Temperaturen auszusetzen – wie sie bei dem diesjährigen Montane Yukon Arctic Ultra (MYAU) mit -40°C bzw. °F (und sogar noch darunter) auftraten – bedeutet eine enorme physiologische Herausforderung für den Organismus, da die Aufrechterhaltung einer stabilen Kerntemperatur bei derart niedrigen Temperaturen ohne angemessene Gegenmaßnahmen zunehmend schwieriger wird.
Da die Teilnehmer des MYAU langdauernd körperlich belasten entsteht während dessen eine erhebliche Menge an Wärme. Dabei muss man berücksichtigen, dass nur rund 20 bis 30 Prozent der internen chemischen Energie in mechanische Arbeit umgesetzt werden kann – also in Fortbewegung wie Laufen, Wandern, Radfahren etc. Diese „Ineffizienz“ ist ein offensichtlicher Vorteil währen des MYAU, da die freigesetzte Wärme dabei unterstützt die Körperkerntemperatur bei 37°C (98°F) zu halten. Gleichfalls steigt so natürlich der Energiebedarf mehrfach an – durch die körperliche Belastung sowie um die Kerntemperatur in der kalten Umgebung stabil zu erhalten. Der daraus resultierende Energiebedarf kann dabei sogar die Energiezufuhr durch die Nahrung überschreiten, was sich letztlich in einem Verlust an Körpermasse abzeichnet. Die ist auch der Grund, weshalb die Untersuchung von Veränderungen in Körpermasse, Körperzusammensetzung, Energieumsatz und den assoziierten Hormonen während des MYAU von so großem Interesse sind.
Probleme mit der Thermoregulation bei Rennen wie dem MYAU können entstehen, wenn mehr Wärme verlorengeht, als produziert wird, das Risiko dafür ist dabei natürlich um so größer, je tiefer die Umgebungstemperaturen liegen. Das Zeitfenster für Toleranzen wird sehr viel kleiner wenn die Temperaturen -40°C oder sogar -50°C und darunter betragen. Verstärkt wird der Effekt wenn ein Teilnehmer sich überanstrengt hat und die verschiedenen Lagen seiner Kleidung durchgeschwitzt sind. Falsche Entscheidungen – wie z.B. die Handschuhe zum falschen Zeitpunkt auszuziehen – können schnell zum sogenannten „Frostbite“, also Erfrierungen führen – einer lokalen Hypothermie bei der das Gewebe einfriert – hauptsächlich an ausgesetzten Körperstellen wie Finger, Zehen und Nase, was durch Nekrosebildung zum Verlust dieser Körperteile führen kann. Die Hypothermie kann jedoch auch den gesamten Körper betreffen wenn die Körperkerntemperatur sinkt und dies zum Kältezittern führt (was als Gegenmaßnahme des Körpers Wärme produziert), sowie im weiteren Verlauf zu Verwirrung, irrationalem Verhalten, Rückgang in Atmung und Blutdruck und zuletzt zu Herzversagen führen kann. Selbst wenn eine Person aus der kalten Umgebung gerettet werden konnte, können weiterhin Arrhythmien des Herzens auftreten, ausgelöst durch eine Imbalance der Elektrolyte durch den Rückfluss von Blut und Lymphe aus wiedererwärmten Körperteilen in das Körperzentrum. Aus diesem Grund muss solch ein Patient mit großer Vorsicht behandelt werden.